Im Frühjahr war der Lockdown noch ein Erfolgsmodell. Erschrocken von Ischgl und dem Einsperren ganzer Hochhäuser in Göttingen, in China sogar ganzer Metropolen waren wir diszipliniert und konsequent. Im Gegensatz zum Frühjahr 2020 ticken die Menschen nach Monaten der Ermüdung nun offenbar nachlässiger. Im April gingen die Zahlen durch den Lockdown schnell wieder zurück. Warum funktioniert das nun im Winter nicht mehr, fragen sich Viele. Die Infektionen und Todesraten stagnieren höchstens, obwohl wir uns jetzt sogar schon impfen können. Es gibt im Süden und Südosten sogar Regionen in denen Infektionen dramatisch steigen, trotz eines verschärften Lockdowns.
Weniger Angst und weniger Disziplin
Ischgl, Wuhan und die Intensivbilder aus Italien haben ihre Schrecken verloren, Ängste haben sich abgeschliffen und die Beiträge in den sozialen Netzwerken tun mit Verleugnung und Verharmlosung von Covid 19 ein Übriges. Ein Gewöhnungseffekt ist eingetreten. Dabei ist der konsequente Kampf gegen das mutierende und hoch ansteckende Virus heute notwendiger denn je.
Das Wetter
Im Frühjahr 2020 hatte es das Virus langsam immer schwerer neue Wirte zu finden. Die Menschen waren nicht nur diszipliniert, sondern sie waren immer weniger in geschlossenen Räumen zusammen. Jetzt im Winter findet das Virus deutlich bessere Bedingungen, sich zu vermehren.
Vertrauensverlust
Durch die föderalen und oft widersprüchlichen Aussagen der Politik und die fehlende durchgehende Linie verlieren die Menschen das Vertrauen in politische Entscheidungen. Ständig neue politische Richtungen und zunehmende Zweifel an Wirksamkeiten z.B. an der Corona App oder an Entscheidungen zur Präsenzsituationen in Schulen.
Fehlen einer durchgehenden Orientierung
Was Menschen am meisten Sicherheit bietet sind eindeutige und nachvollziehbare Regeln und Orientierungen. Es ist für die Menschen schwer erkennbar, warum eine Inzidenz von 400 in Sachsen den gleichen Regeln unterliegt wie eine Inzidenz von deutlich unter 50 im Kreis Plön. Ein fest geregeltes Ampelsystem kommt deutlich überzeugender rüber.
Die Kontrolle des Infektionsgeschehens
Im März 2020 waren die Infektionsherde noch weitestgehend auszumachen oder waren zuzuordnen. Die Infektionen waren nachvollziehbar. Infektionsketten ließen sich unterbrechen. Auch die Corona-App hatte einen guten Start. Leider fand keine Weiterentwicklung statt. Gesundheitsämter faxen und telefonieren, statt intelligente Technik zu nutzen. Mutanten sucht man nur in jedem 1000.Positivtest. In anderen Ländern in jedem 20.
Atemmasken, Hygieneregeln und Abstand in Theorie und Praxis
An Arbeitsplatz in Werkhallen und Bürogebäuden werden mit hohem Aufwand Schutzkonzepte ausgebreitet. In der Raucherpause aber steht man dicht beieinander und lässt die Masken fallen. Statt Online arbeiten viele Behörden händisch, Amtsleistungen immer noch persönlich. Mund-Nasen-Schutz kreativ statt sicher. FFP-2-Maskenpflicht überstürzt und ohne tragfähiges Konzept
Inkonsequente Umsetzung der Regeln
Wenn schon Regeln dann müssten sie auch konsequent umgesetzt werden. Das gilt sowohl für Ausgangsbeschränkungen wie für Hygiene- oder Abstandsregeln. Ohne Bußgelder hätten wir im Straßenverkehr das blanke Chaos.
Lösungsschritte
Die oben genannten Risikofelder geben Hinweise wie klare, einfache Regeln, konsequente Durchsetzung und Kontrollen, Selbstdisziplin und fortdauernde Problematisierung zum Erfolg führen können. Nicht alles lässt sich vorschreiben, aber vieles erleichtern. Aufklärung kann helfen, wenn der Zusammenhang verstanden wird. z.B. (Inzidenzampel an Maßnahmen koppeln).
Herausforderungen für unser Gesundheitssystem
Nicht die technischen Kapazitäten unseres Gesundheitssystems sind das große Problem dieser Pandemie. Weder die Zahl der Intensivbetten noch die der Beatmungsgeräte stehen im Focus, sondern vor allem die begrenzten Personalressourcen sind das knappe Gut in unseren Krankenhäusern.
Auf den Intensivstationen werden nicht nur COVID-Patienten behandelt, auch Unfallopfer, Infarkt-, Schlaganfall- oder Tumorpatienten müssen dort, abgeschirmt von Corona-Infektionen, versorgt werden. Oft konkurrieren diese Patienten in der Gesamtschau der Notfallversorgungskrankenhäuser und Maximalversorger schon miteinander. Droht uns die Triage als Modell der Zukunft? Muss das medizinische Personal entscheiden wem noch geholfen wird?
Wir müssen entscheiden Lockerungen und Öffnungen oder die Ausbreitung der Infektionen und höhere Sterblichkeit. Je mehr und je länger wir das Gesundheitssystem ausreizen, desto länger und heftiger die permanente Überforderung des medizinischen und pflegerischen Personals. Mit einem massiven, aber kürzeren Lockdown können wir stärkere Wirkung erzielen. Diese Konsequenz müssen und können wir aushalten. Allerdings das Hinnehmen, Schulterzucken oder Todschweigen nach dem Motto „Alles nicht so schlimm“ wird uns am Ende teuer zu stehen kommen.
Jeder und jede Einzelne von uns entscheidet darüber, ob und wie wir diese Pandemie überwinden. Wir als Politiker sollten dabei, vor Allem beim Impfen, überzeugen, statt Menschen zu zwingen.
Mein Fazit, unsere Perspektive:
- Keine Angst vor Corona
- Klare nachvollziehbare Regeln und Ampeln
- Bessere digitale Ausstattung aller Akteure
- Flächendeckend gute Masken
- Deutliche zuverlässige Ansagen und Bußgelder
- Selbstdisziplin aller Bürgerinnen u. Bürger
- Personelle Entlastung der Intensivpflegenden
- Informieren, ermutigen und überzeugen
- Mehr Verantwortung übernehmen
- Eine einladende Impfverteilung nach Alter ermöglichen